Die Klima-Aktivistinnen und -Aktivisten blockierten am 14. Dezember 2019 bei einer nicht genehmigten Aktion von 10:05 Uhr bis nach 16 Uhr die rue Centrale in Lausanne. Der Fahrzeugverkehr, insbesondere Rettungsfahrzeuge und Busse, mussten umgeleitet werden. Die Polizei forderte die Aktivistinnen und Aktivisten mehrfach erfolglos auf, sich zu entfernen. Schließlich wurden sie einzeln von der Polizei weggebracht. Das Polizeigericht Lausanne verurteilte mehrere von ihnen wegen Störung von Betrieben im Dienst der Allgemeinheit, Hinderung einer Amtshandlung, Verletzung der Verkehrsregeln und Nichteinholens einer Bewilligung für eine öffentliche Veranstaltung. Für fünf gemeinsam beurteilte Personen verhängte es bedingte Geldstrafen von je 20 Tagessätzen und einer Busse von 200 Franken. Das Kantonsgericht des Kantons Waadt wies ihre Beschwerden 2022 ab.
Die fünf Verurteilten legten Beschwerde beim Bundesgericht ein. Sie argumentierten grundsätzlich, dass ihre Bestrafung im Hinblick auf das Recht auf friedliche Versammlungen gemäß Artikel 11 der EMRK nicht gerechtfertigt sei. Das Bundesgericht wies diesen Einwand zurück und erinnerte daran, dass staatliche Behörden bei unbewilligten, gewaltfreien Versammlungen eine gewisse Toleranz üben müssen, abhängig von den konkreten Umständen. Im vorliegenden Fall lag keine Verletzung von Artikel 11 der EMRK vor. Die Bestrafung stellt keine «politische Verfolgung» dar, sondern zielt darauf ab, die öffentliche Sicherheit und Ordnung zu gewährleisten sowie die Freiheitsrechte Dritter zu schützen. Die Blockade der rue Centrale dauerte mehr als sechs Stunden und führte zu erheblichen Störungen des täglichen Lebens, insbesondere des Verkehrs, was das eigentliche Ziel der Aktion darstellte.
Das Bundesgericht akzeptierte die Beschwerde teilweise in Bezug auf die konkreten Schuldsprüche. Die Verurteilung wegen Nichteinholens der Bewilligung entfällt, da die Betroffenen nicht als Organisatoren galten. Die Beschwerde bezüglich der Verkehrsregelverletzung wurde vom Bundesgericht nicht behandelt. In Bezug auf die Verurteilungen wegen Störung von Betrieben im Dienst der Allgemeinheit und Hinderung einer Amtshandlung wird die Sache zur Ergänzung des Sachverhalts und zu einem neuen Entscheid an das Kantonsgericht zurückverwiesen.